Triage – Licht aus Schatten

TRIAGE

Autor: Michael P.

Dr. Björn Clemens zählt seit Jahrzehnten zu den facettenreichsten Persönlichkeiten des deutschfreundlichen Lagers. Unerschrocken streitet der Jurist an vielen Stellen für die Belange von Landsleuten, die in das Visier des Staates geraten sind. Dabei scheut er in politischen Strafverfahren weder unpopuläre Standpunkte noch persönliche Benachteiligung. Er zählt somit zu der kleinen Schar mutiger Rechtskämpfer, die sich einem politisch kontrollierten Justiz-Apparat entgegenstellen, um denen eine Stimme zu geben, die sonst verstummen.

Da sich aber die Kulturleistung eines Volkes nicht nur in Paragraphen und Bilanzen erschöpft, verleiht Clemens seiner musischen Seite literarisch Ausdruck. Unlängst legte er beim Metapol-Verlag seinen zweiten Gedichtband „Triage – Licht durch Schatten“ vor. Rechte Lyrik fristet leider in doppelter Hinsicht ein Schattendasein, wie wir bereits bei der Besprechung von Schwarzmond feststellten. Dabei bietet keine andere Gattung die Möglichkeit, tiefste Sehnsucht, skalpellscharfen Spott oder erhabenes Schicksal in unvergessliche Sprache zu brennen, die dem Leser noch nach Generationen berührt.

Der titelstiftende Begriff der Triage rührt vornehmlich aus der Militärmedizin und beschreibt das Priorisierungs-Konzept, nachdem man knappe Ressourcen nur auf die Patienten mit den höchsten Überlebenschancen aufwendet. Es ist eines der Kampfwörter des Corona-Regimes. Ein Schreckgespenst, um widerspenstige Bürger wieder auf Linie zu bringen. Clemens widersetzt sich wenig überraschend dem vorherrschenden Narrativ. Die Triage ist ihm keine Daumenschraube für Unterdrücker, sondern notwendige Läuterung aus der Finsternis in die hehre Sphäre der Erkenntnis, Aufrichtigkeit und Reinheit. Über stolze 66 Gedichte erstreckt sich der Band, die dem Anschein nach Frucht einer längeren Schaffensphase sind. Davon zeugt die Heterogenität in der Länge oder auch der Umstand, dass einige Gedichte wie Variationen ihrer direkten Nachbarn wirken. Hier wollte der Dichter vermutlich verschiedene Perspektiven auf bestimmte Themen liefern.

Er unterteilt den Band in acht Kapitel oder Kreise, welche jeweils einen klaren inhaltlichen Schwerpunkt besitzen und sich zudem auch stilistisch differenzieren. Pauschale Aussagen, die das gesamte Werk umfassen, sind bis zu einem gewissen Punkt dennoch möglich. Clemens versteht Dichtkunst als Handwerk und nicht bloß als anstrengungslosen Erguss. Darin begründet sich die formale Qualität, welche den Nährboden für Zeilen von solcher Schönheit und Kraft bildet, dass diese überdauern. Der Rezensent gewinnt den Eindruck, dass Clemens sich mit seiner Vielfalt vor den eigenen Inspirationen verbeugt. So entfaltet „Im Tale“ die lautmalerische Wucht und den bildlichen Abgrund eines Gottfried Benn. Der Gegenwartsbezug ist eine Konstante in vielen Gedichten, die sich mal mit ätzendem Humor Bahn bricht, wie im „Maskenknecht“, mal sprachgewaltig in „Corona“ und dann wieder mit großer Traurigkeit wie bei „Erntelied“, welches von den Segnungen der Neudeutschen handelt. Auch für Profanes lässt der Autor Raum, wenn er Alltagsbeobachtung in Verse kleidet. Zur Höchstform läuft er auf, wenn er mit dem eigenen Berufsstand ins Gericht geht: Unerbittlich formuliert er seine Anklage in „Spitzbuben“. Im „Lied der falschen Nonne“ arbeitet er sich an den höchsten Exponenten der bundesrepublikanischen Nomenklatur ab.

Lyrisch überwiegt die formale Strenge, die er nur sehr gelegentlich etwas schleifen lässt. Deutlich tritt die große Sorgfalt zutage, mit denen der Dichter seine Verse schmiedet. Er besitzt eine reichhaltige Sprache, die lebhafte Bilder zu wecken vermag. Nur äußerst selten streut er Ordinäres als ästhetischen Kontrapunkt ein; so als gelte es zu verhindern, dass der Leser sich zu wohl fühlt. Denn bei der Unterschiedlichkeit im Detail, bleibt das übergeordnete Sujet stets erkennbar: Der Kampf gegen eine verrottete Welt, das Überwinden eines siechen Systems und die Erfüllung einer apodiktischen Verheißung. Aus den tiefsten Schatten bricht sich das Licht. Die schwärzeste Finsternis gebiert das gleißende Heil. Clemens macht den Freunden Deutschlands mit Triage ein wertvolles Geschenk, welches in seinen besten Passagen epochale Strahlkraft entfaltet. Das hochwertige Büchlein ist ein Muss für Regale und Nachttische national empfindsamer Menschen.