Das ewig Weibliche im Wandel der Epochen (Klaus Kunze)

Autor: Michael P.

Mögen es Männer sein, die durch die Jahrtausende Heerzüge anführten, Reiche regierten und Kontinente eroberten – das Schicksal der Menschheit lag dennoch stets in den Händen von Frauen. Deren Rolle ist im Lauf der Geschichte wechselhaft. Zeitweise können sie sich frei entfalten, zeitweise sind sie Gegenstand von pathologischer Verachtung und Unterdrückung. Mal reduziert auf ein Objekt fügsamer Begierde, mal kluge und selbstbestimmte Lenkerinnen im Hintergrund, die den germanischen Nornen gleich Schicksalsfäden spinnen. Mutter, Kriegerin, Hausherrin, leichtes Mädchen, Amme, Nonne, Geliebte – häufig vereinen Frauen viele dieser scheinbar widersprüchlichen Rollen in sich.

Klaus Kunze, dessen Werk die solidarische Nation wir vor einiger Zeit bereits besprochen hatten, erforscht in „Das ewig Weibliche im Wandel der Epochen – Von der Vormundschaft zum Genderismus“ minutiös wie es zu verschiedenen Epochen um den Rang der Frau bestellt war. Kurz beleuchtet er die – an gesicherten Quellen arme – Vorgeschichte, um dann sukzessive Germanenzeit, Mittelalter, Aufklärung, Bürgerliche Epoche und schließlich Moderne zu betrachten. Er tut dies mit der gleichen Akribie und Ausführlichkeit, die bereits bei dem oben genannten Werk an den Tag legte. Schnell wird klar – viele der heute kultivierten oberflächlichen Vorurteile halten einer näheren Beleuchtung nicht stand. Wenn postmoderne Feminist*innen die letzten 2.000 Jahre geschlossen zur Ära der Unterjochung erklären ist dies schlichtweg falsch. Natürlich gab es Phasen, in denen Frauen sich nur im Verborgenen entfalten konnten aber häufig war die Frage, ob jemand unterdrückt oder frei leben darf, stärker an den Stand, die soziale Schicht gebunden, als an das Geschlecht. Eine wohl situierte Adlige in der Renaissance lebte zweifelfrei angenehmer als ein männlicher Leibeigener. Zudem zeigt sich sehr deutlich, dass zwischen Wunsch und Wirklichkeit an vielen Stellen eklatante Gräben klaffen. So waren mittelalterliche Klöster phasenweise Sündenpfuhle, die jedem heutigen Flatrate-Bordell den Rang ablaufen würden, wie Kunze nachvollziehbar belegt.

Generell korreliert der Stellenwert der Frau immer mit dem vorherrschenden sittsamen Empfinden eine Epoche. Kunze zeigt sehr anschaulich auf, dass dieses einem Zyklus unterliegt und sich sogar relativ prognostizierbar alle drei Jahrhunderte wiederholt. Mitte des vierzehnten Jahrhunderts hatte eine verheerende Pest-Welle Europa überrollt. Die war natürlich nicht so gravierend wie unsere heutige Corona-Pandemie – aber immerhin starb die Hälfte der Bevölkerung. Die Folge war eine Phase des Nihilismus. Laster, Exzesse und Perversionen ungeahnten Ausmaßes brachen sich in der Gesellschaft Bahn. Hergebrachte Normen und Moralvorstellungen galten im Angesicht der völligen Hoffnungslosigkeit des schwarzen Todes nichts mehr. Es dauerte lange, bis sich sittliche Vorstellungen wieder normalisierten und die vorangegangenen Jahre als verderblich brandmarkten. Das Phänomen wiederholte sich Mitte des siebzehnten Jahrhunderts nach dem Ende des 30-Jährigen Krieges und erneut im zwanzigsten Jahrhundert nach dem zweiten Weltkrieg. Die sexuelle „Befreiung“ der 1960er ist also keineswegs ein Zufallsprodukt. Hinter der harmlos anmutenden Klausel der „freien Liebe“ verbirgt sich der gleiche entsetzliche Nihilismus, vergangener Jahrhunderte. Man denke nur an die ur-grüne Forderung der Liberalisierung des Sexualstrafrechts mit Blick auf Pädophilie. Es zeigt sich hier ein weiteres Merkmal – namentlich, dass die nihilistischen Protagonisten, die Vorreiter einer Moral-Überwindung in der Regel selbst von abartiger Triebhaftigkeit waren. Es ging ihnen stets darum, den Begriff der Normalität aufzulösen, um das eigene Tun zu rechtfertigen. Bekanntestes Beispiel dafür ist der Marquis de Sade, der eine dokumentierte Schwäche für „Lustmorde“ besaß und der eigenen Krankhaftigkeit gleich einen philosophisch-soziologischen Unterbau errichtete.

Das Weibliche im Wandel der Epochen lässt sich somit nicht losgelöst vom Männlichen betrachten. Beide Geschlechter sind durch die Äonen wie rotierende Himmelskörper an einander gebunden, die der Autor sehr anschaulich resümiert. Eine klare Kaufempfehlung – einzig die Betrachtung der Postmoderne mit der Vernichtung biologischer Identitäten hätte etwas ausführlicher ausfallen dürfen. Denn hier bricht sich eine gesellschaftliche Entwicklung Bahn, die vielen Menschen unendliches Leid bereiten wird.