Propaganda (Edward Bernays)

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Autor: Michael P.

Das gleichnamige Werk von Edward Bernays gilt als Gründungsmythos der modernen Public Relations und wird von Angehörigen dieses Berufsstandes bis heute verehrt wie eine religiöse Offenbarung. Bereits 1928 veröffentlichte der in die USA emigrierte, gebürtige Wiener Jude und Neffe Sigmund Freuds dieses Buch, welches in der Tat selbst im Jahr 2021 noch erstaunlich frisch und zeitlos anmutet. Dabei ist die Schrift eindeutig keine theoretische Grundlage für den akademischen Lehrbetrieb, sondern eher ein in flotter Sprache formulierter Ratgeber zu konkreten Anwendung. Was Bernays auszeichnet ist seine klare Analyse sozioökonomischer Kontexte ohne jegliche Wertung. Nüchtern aber dennoch in angenehm lesbaren Duktus seziert er die Wirkungszusammenhänge zwischen Wirtschaftsbetrieben, politischen Entscheidern sowie deren Wählern bzw. Käufern. Im Zentrum dieses Spannungsfeldes definiert er die Rolle des neuen Propagandisten oder auch PR-Managers. Ein Typus, der die Dynamik von Meinungsbildungsprozessen verstanden hat und der seinen Auftraggeber darin berät, diese strategisch zu seinem Vorteil zu nutzen. Moral spielt dabei eine untergeordnete Rolle, obwohl sie nicht völlig obsolet ist. Zumindest insofern, als das der Verfasser auf reinen Lügen basierten Hetzkampagnen keine lange Überlebensdauer prognostiziert. Entscheidend für den Erfolg von Propaganda sind die modernen Massenmedien. Zugegeben, daß damit Bernays Tageszeitungen und landesweite Radio-Anstalten meint, lässt den heutigen Leser zunächst schmunzeln. Aber selbst diese vermeintlich anachronistischen Technologien versetzten den raffinierten Manipulanten in die Lage, den öffentlichen Diskurs, Wahl- und Kaufentscheidungen zu steuern. Und wenn wir jetzt extrapolieren, dass es auf dem Globus Kräfte gibt, die Bernays Lehren zwischenzeitlich mit den omnipotenten digitalen Gegenwartsmedien zu ihren Zwecken anwenden – dann vergeht einem das Schmunzeln sehr rasch.

Die erfreuliche Nachricht lautet, dass man die Regeln der Propaganda auch für eine gerechte Sache anwenden kann. Ein brandaktuelles Beispiel ist die „Impfrebell“-Kampagne des Dritten Blickwinkels. Diese verwebt geschickt gewissenhaft recherchierte, wissenschaftliche Fakten, eine ansprechende Ästhetik und eine mobilisierende Ansprache. Gezielt wendet sich die Kampagne an von der anhaltenden Corona-Krise besonders betroffene Multiplikatoren, verleiht so ihrem Anliegen mehr Authentizität und erreicht neue Zielgruppen.

Bernays, der in seinem Buch zahlreiche, aufschlussreiche Fallstudien skizziert, hätte „Impfrebell“ seine professionelle Anerkennung nicht verwehrt.