Böhmermann, bitte doxx mich - Der Sommerhit 2025. Oder kann KI denn Sünde sein?

Autor: Frank Kraemer

Böhmermann ist definitiv zu weit gegangen. Moralische Hybris und das Anbiedern bei den Mächtigen sind Zeichen eines miesen Charakters und nicht von Humor oder Schabernack. Die eigentliche Aufgabe eines Komödianten wäre es, die Herrschenden zu kritisieren und nicht gemeinsam mit diesen nach unten zu treten und die Regimekritiker anzugreifen. Doch genau das hat Jan Böhmermann getan und sich somit als treuer Komplize des Politikerkartells entlarvt. In einer seiner abendlichen Sendung ZDF Magazin Royale hat er sich rechte Influencer und YouTuber herausgepickt, und diese durch den Kakao gezogen. Neben diesem Thema tut sich noch ein ganz anderes Themenfeld auf. Aber dazu später mehr.

Im Grunde sei es ihm gegönnt und als politisch korrekter Zeitgenosse folgt er dabei seiner politischen Natur. In Bezug auf Clownswelt ist er jedoch zu weit gegangen. In Stasimanier wurde das Umfeld von Marc-Philipp L., so der bürgerliche Name von Clownie, ausspioniert, seine Eltern besucht und seine Metal Band Powergame darüber informiert, was ihr Gitarrist in seiner Freizeit so treibt. Letztere haben ihn kurzerhand aus der Band geworfen, was den miesen Charakter seiner ehemaligen Mitmusiker entlarvt. Metal und seine Subgenres stand einmal für Protest und bewegte sich fernab des Mainstreams. In Zeiten, in denen jedoch alles politisiert und politisch auf Kurs sein muss, hat die Korrektheit der Gedanken auch diese Bereiche der Subkulturen infiziert.

Vieles wurde darüber geschrieben und gesagt und auch Clownie selbst hat sich dazu geäußert. Vorbildlich zu werten ist auf jeden Fall, dass Clownie, bzw. Marc-Philipp L., nicht eingeknickt, sondern stabil geblieben ist. Zumal dem YouTube Kanal die Doxxingaktion nur Vorteile gebracht hat. Der Kanal hatte zum Zeitpunkt der Böhmermann Sendung 227.000 Abonnenten. Mittlerweile stieg diese Zahl auf 473 000 Abonnenten (Stand 20.05.2025). An dieser Stelle kann man sich nur bei Jan Böhmermann für die gute Zusammenarbeit bedanken.

Mit Jan Böhmermann hatte ich indirekt zu tun. Auf X habe ich ab und an bei ihm kommentiert, und wurde vor längerer Zeit geblockt. So etwas nehme ich in der Regel mit Humor und versuche diese Ereignisse kreativ zu verarbeiten. Als Musiker liegt es nah, dass in Liedform zu tun, was nun geschehen ist. Der Text zu dem Lied lag schon länger halbfertig in der Schublade und auf Grund der aktuellen Ereignisse habe ich ihn fertiggestellt. Als Umsetzungswerkzeug habe ich eine KI verwendet, mit der so ein lustiges Liedchen schnell umgesetzt ist. Ganz unkompliziert, ohne zu proben, Studio mieten und eine Sängerin zu suchen, finden und zu engagieren. Der Anspruch an mich selbst gebietet es mir jedoch, dass was ich selbst tun kann, wie das Schreiben von Liedtexten, immer noch selbst zu tun.

Die Reaktionen sind zum größten Teil sehr positiv, das Lied hat über 22 000 Klicks und hat sein Publikum gefunden. Da fühlt man sich in die Tage zurückversetzt, als ich noch meinen großen Kanal und keinen Shadowban hatte, der die potentiellen Zuschauer vor meinen Inhalten schützt. Doch hier und da lese ich kritische Stimmen über die ich mir meine Gedanken gemacht habe. So wurde z.B. kritisiert, dass ich als Musiker eine KI nutze und nicht selbst das Lied eingespielt habe, oder warum Gigi das Lied nicht eingesungen hat. In der Regel unterstelle ich, dass diese Kommentare von Nichtmusikern geschrieben wurden. Denn „mal eben“ ins Studio zu gehen, um ein Lied einzuspielen, das man am nächsten Tag präsentieren kann, dürfte schwierig werden. Zumindest ist es bei mir so.

Wer hat eigentlich bestimmt, dass man als Musiker keine KI verwenden darf? Wo besteht der Zusammenhang zwischen dem Experimentieren mit der KI und meinem sonstigen musikalischen Schaffen? Und warum lehnen bestimmte Leute generell die KI ab, wenn man doch sonst so revolutionär sein will? Wie bei allem im Leben kommt es auf die Dosis an. Mittlerweile gibt es vollkommen KI-generierte Bands, vor allem aus Asien, die hunderttausende von Fans in die Konzerthallen locken. Was das noch mit einem Konzert im eigentlichen Sinne zu tun hat, sei mal dahingestellt. Mag eine KI auch seelenlos sein, so erinnere ich an die musikalischen Verbrechen diverser 3-Riff Rechtsrockkombos aus den 90ern, bei denen weder Seele noch Können vorhanden war. Was ist nun besser? Diese Frage muss man sich stellen und kann sie sich nur selbst beantworten. Wenn man den Maßstab korrekt ansetzen würde, dürfte man nicht einmal Rap oder Hip-Hop hören, denn bei diesen Musikarten besteht genau genommen mindestens die Hälfte der Lieder aus KI. Oder setzt sich ein menschlicher Schlagzeuger hin und spielt die Beats von Hand ein?

Fazit: Für mich als Musiker kommt nichts über handgemachte Musik. Die KI ist aber ein sehr gutes Werkzeug, um schnell auf bestimmte Ereignisse reagieren zu können. Klangtechnisch werden Apps wie SUNO immer besser und sind von echten Musikern kaum noch zu unterscheiden. Ob es gut oder schlecht ist, spielt dabei keine Rolle, weil die Entwicklung immer weiter voranschreitet, völlig egal ob wir sie nutzen oder nicht. Werde ich als Musiker dadurch nicht selbst irgendwann überflüssig? Keineswegs. Denn der Ausdruck über Musik ist etwas, was man mir nicht nehmen kann. Das Gefühl zu musizieren, dass mich als Musiker erfüllt, existiert für mich unabhängig von KI oder auch der Zuhörerschaft. Beides benötigt ein Musiker nicht einmal, um sich selbst in seiner Kunst zu verewigen. Denn Musik ist und bleibt etwas Persönliches.